Geschichte der Zahnmedizin
Zahnbehandlungen beim Pferd sind keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Die ältesten fossilen Funde, die Hinweise auf Eingriffe am Kauapparat des Pferdes liefern, sind etwa 3000 Jahre alt. Dabei handelte es sich um die Entfernung von Wolfszähnen, die bei Kontakt mit einem Gebissstück Probleme für das Pferd verursachen können. Im 1. Weltkrieg erlebte die Zahnheilkunde eine Renaissance, da das Pferd eine wichtige Kriegsressource war, und man erkannte, dass eine regelmäßige Zahnbehandlung wesentlich zur Gesunderhaltung der Pferde beitrug.
Der Begründer der modernen Pferdezahnheilkunde war Prof. Erwin Becker, von 1954 bis 1968 Leiter der Klinik für Pferdekrankheiten der Freien Universität Berlin. Mit der Entwicklung seiner elektrisch betriebenen Zahnschleifgeräte legte er den Grundstein für die Zahnmedizin, wie wir sie heute kennen. Durch das Abschleifen von Zahnhaken und -spitzen sowie anderer fehlerhafter Abriebmuster des Gebisses konnten schmerzhafte Prozesse beseitigt und das Kauverhalten der Pferde nachhaltig verbessert werden.
Während die Zahnmedizin beim Pferd in der Nachkriegszeit nahezu in Vergessenheit geraten ist, erlebt sie insbesondere in den letzten 15 Jahren eine rasante Weiterentwicklung. Immer neue Werkzeuge und Behandlungstechniken werden entwickelt, die eine möglichst stressfreie, zahnschonende Behandlung der Pferdezähne ermöglichen sollen. Dabei ist es heute erklärtes Ziel, ein Zahnproblem nicht erst zu therapieren, wenn die Erkrankung schon weit vorangeschritten ist und schlimmstenfalls einer oder mehrere Zähne gezogen werden müssen. Vielmehr soll es gelingen, durch regelmäßige Routinekontrollen krankhafte Prozesse frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können.
So rücken Zahnerhaltende Maßnahmen immer mehr in den Fokus der Behandlung. Moderne Diamantschleifköpfe erlauben eine höchst präzise Korrektur des Pferdegebisses. Das wachsende Verständnis der biomechanischen Abläufe des Kauvorganges hilft dabei, das Pferdegebiss gezielter korrigieren zu können unter der Maßgabe des größtmöglichen Erhaltes der Zahnsubstanz. In der Diagnostik stellen bildgebende Verfahren wie die Maulhöhlenendoskopie oder die Röntgenuntersuchung wertvolle Hilfsmittel zum Erkennen latenter Erkrankungsprozesse dar.